Bürgerversammlung gemäß § 8a Hessische Gemeindeordnung (HGO)

Im Rahmen von Bürgerversammlungen informiert der Magistrat die Bürgerinnen und Bürger gemäß § 8a Hessische Gemeindeordnung (HGO) über aktuelle Themen der Stadtpolitik.


Bürgerversammlung "Finanzlage der Stadt Rödermark" am 27.08.2025

Der Auftakt – ein Schock ohne Therapie: „Wir befinden uns in der schwierigsten Finanzlage seit dem Kriege!“ Die Quintessenz seines Vortrags zur „Finanzlage der hessischen Kommunen“ stellte Dr. Jürgen Dieter, der geschäftsführende Direktor des Hessischen Städtetags, gleich an den Anfang. Missverständnisse konnten im Auditorium der Bürgerversammlung in der Kulturhalle am vergangenen Dienstag (26.) nicht mehr aufkommen. Rund 130 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um sich darüber zu informieren wie es finanziell um ihre Stadt bestellt ist.

Die angespannte Situation, mit der sich das Gros der Kommunen in Deutschland aufgrund ständig steigender Anforderungen und immer neuer Pflichtaufgaben konfrontiert sieht: Dieses Thema lieferte in den vergangenen Wochen auch in Rödermark viel Gesprächsstoff. Deshalb wurde entschieden, die Bürgerversammlung für eine Erörterung mit Blick auf die Kassen der öffentlichen Hand zu nutzen. Nach Dr. Dieter, der für einen allgemeinen Überblick sorgte, konzentrierte sich Arne Breustedt, der Leiter der städtischen Finanzabteilung, auf die konkrete Situation in Rödermark.

Die Finanzmisere habe alle Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland erfasst. „Sie stehen da nicht alleine“, betonte Dieter. Steigende Ausgaben, stagnierende Einnahmen, hohe Schulden – ein „nie dagewesenes Finanzierungsdefizit“ gelte es zu konstatieren. Seine Thesen untermauerte Dieter mit aussagekräftigen Graphiken. Beispiel: ein Balkendiagramm zur Entwicklung des Finanzierungssaldos der Kommunen bundesweit – der Balken für 2024 ist mehr als dreimal umfangreicher als der nächstgrößere. Und das auf der Negativseite. Nach Jahren der Überschüsse wurde für 2024 ein Defizit von 24,3 Milliarden Euro festgestellt. Das schlechteste Jahr davor war 2003 mit einem Minus von 8, 4 Milliarden Euro. Für Hessen zeigte Dieter ein „Abbild des Absturzes“. Die Kurve fällt nach Überschüssen oder Abschlüssen mit einer schwarzen Null seit 2014 im Jahr 2023 zunächst auf ein Minus von knapp 600 Millionen Euro, das sich 2024 mehr als vervierfacht: auf etwas weniger als 2,6 Milliarden Euro.

Geschuldet seien die „rasant steigenden Ausgaben“, so Dieter, besonders den Steigerungen im Sozialbereich, aber auch den Kosten für das Personal. „Verbunden mit einer langanhaltenden Wachstumspause der deutschen Wirtschaft ist die Lage weitaus schlimmer als bisher ohnehin schon befürchtet.“ Die kommunalen Spitzenverbände forderten deshalb nachhaltige Reformen vom Gesetzgeber. „Wenn Bund und Land den Kommunen Leistungen aufbürden, dann müssen sie ihnen auch das Geld dafür geben“, meinte Dieter mit Blick auf das Konnexitätsprinzip. Also: Wer bestellt, der zahlt auch. Das Sondervermögen des Bundes in Höhe von 100 Milliarden Euro ändere nichts an den strukturellen Ursachen der kommunalen Finanzmisere. Rein rechnerisch könne Rödermark aber zwölf Jahre lang mit immerhin 3 Millionen Euro jährlich rechnen.

Wie sich die Stadt Rödermark 2025 finanziert, das schlüsselte Arne Breustedt auf. Insgesamt stehen Erträgen von fast 78 Millionen Euro Aufwendungen von 83,8 Millionen Euro gegenüber. Also ein Minus von 5,8 Millionen Euro. Der Kommunale Finanzausgleich mit dem Anteil Rödermarks an der Einkommensteuer, der Schlüsselzuweisung, dem Umsatzsteueranteil und dem Familienleistungsausgleich bringt 41,46 Millionen Euro in die Kasse. Davon können Kreis- und Schulumlage, Gewerbesteuerumlage und Heimatumlage, insgesamt 35,28 Millionen Euro, gleich wieder ausgebucht werden. Bleiben also rund 6,2 Millionen Euro. Hinzu kommen Einnahmen aus gemeindeeigenen Steuern, Gebühren und Beiträgen – die wichtigsten Posten sind die Gewerbesteuer mit 16,8 Millionen und die Grundsteuer B mit 7,7 Millionen Euro. Rund 42,7 Millionen Euro können tatsächlich ausgegeben werden. Für die Kinderbetreuung, für das Personal, für den Straßenbau, für die Feuerwehr, für Kultur und Vereine, für alles.

Doch alleine für Soziales (Kinder, Schulkindbetreuung und Jugend) müssen 48 Prozent des Gesamtbudgets aufgewendet werden – das sind rund 26 Millionen Euro. Ein U-3-Betreuungsplatz kostet die Stadt 29.300 Euro pro Jahr, ein Kindergartenplatz 8.200 Euro. Die Kostenentwicklung machte Breustedt anhand der Zuweisungen und Zuschüsse an die Freien Träger der Kinderbetreuung deutlich. Seit 2021 hat sich die Zahl der Plätze nicht einmal verdoppelt, während die städtischen Ausgaben um mehr als das Sechsfache gestiegen sind. Aufgrund von gesetzlichen Vorgaben habe die Stadt quasi keine Einsparmöglichkeiten. „Die Waage ist nicht mehr im Gleichgewicht“, so Breustedt.

 

 

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