Was macht den Reiz von Kriminalliteratur aus? Warum lieben so viele Menschen den Nervenkitzel beim Lesen? Weshalb hängen sie am Spannungsfaden und wollen unbedingt dabei sein, wenn fiktive Mordfälle aufgeklärt und Täter überführt werden? All diese Fragen wurden kürzlich in der Stadtbücherei an der Trinkbrunnenstraße professionell beantwortet. Eine Expertin par excellence war zur Lesung nach Rödermark gekommen. Die Langener Krimi-Autorin Cornelia Härtl plauderte aus dem Schreibstübchen und erklärte dem Publikum im gut besuchten Rothaha-Saal, wie eine fesselnde Geschichte „komponiert“ wird.
Eröffnet wurde der kurzweilige Abend mit einem Lesehäppchen der Kategorie „historisch bedeutsam“. Dr. Jochen Schick vom Bücherei-Freundeskreis LeseZeichen brachte Passagen aus „Das Fräulein von Scuderi“ zu Gehör. Dabei handelt es sich um eine 1819 veröffentlichte Erzählung von E.T.A. Hoffmann, die als erste deutsche Krimi-Novelle den Anstoß für ein aufblühendes und im Laufe des 19. Jahrhunderts allmählich populär werdendes Genre lieferte.
Wie es um den Krimi der Gegenwart bestellt ist? Dazu konnte Cornelia Härtl viel Erhellendes berichten. Sie versteht es, in angenehmer Tonlage zu rezitieren und geistreich zu unterhalten. Entscheidend bei alledem: Sie ist eine „Frau vom Fach“, sprich: Mitglied des Vereins „Syndikat“. Das Autorennetzwerk, das sich der Förderung deutschsprachiger Kriminalliteratur verschrieben hat, verleiht alljährlich den „Glauser“, einen Preis für Spannungslektüre in verschiedenen Kategorien.
Härtl zählte 2024 zur fünfköpfigen Jury, die den besten Roman des Jahres zu küren hatte. Sie bekam reichlich Post: Rund 450 druckfrische Neuerscheinungen wurden von Verlagen eingereicht. Wie sie es schaffte, diesen Berg von Lesestoff zu meistern und auszuwerten, um schließlich im Verbund mit den anderen Juroren den „Glauser“-Preisträger zu küren: Das erläuterte die Schriftstellerin sehr anschaulich und fesselnd, gerade so, als entblättere sie immer wieder aufs Neue einen kleinen Krimi im Krimi.
Ein besonderes Bonbon: Eine große Auswahl der zum Wettbewerb eingereichten Werke brachte Härtl mit in den Bücherturm. Zu Schnäppchenpreisen konnten sich die Besucher etwas Passendes aussuchen und mit nach Hause nehmen. Vom Erlös des Verkaufs, der den Krimi-Abend abrundete, profitiert LeseZeichen mit seiner rührigen Ehrenamtsarbeit. Kurzum: Eine noble Geste, die die Vorsitzende des Freundeskreises, Dr. Regina Schick, und Büchereileiterin Jenny Roters gleichermaßen begeisterte.
„Es war eine wunderbare Veranstaltung mit toller Resonanz. 247 Euro sind durch den Buchverkauf zusammengekommen. Außerdem durften wir uns zirka 100 Bücher für den Bestand der Bibliothek aussuchen. Die werden wir nun auf einem Krimi-Sondertisch präsentieren und dann in die Regale einsortieren. Ein großes Dankeschön gebührt Cornelia Härtl, die so viel Bereicherung möglich gemacht hat“, bilanzierte Roters.
Foto: Krimilesung im Bücherturm – von links nach rechts: Dr. Regina Schick, Cornelia Härtl, Jenny Roters und Dr. Jochen Schick.