Archäologisch wertvolles Material, das wichtige Erkenntnisse zur Siedlungs- und Baugeschichte auf dem Kirchhügelgelände in Ober-Roden geliefert hat, lagert seit rund einem Jahrzehnt im Jägerhaus am Rathausplatz. Dort war vor Kurzem Christine Henke zu Gast. Die Restauratorin, die für Hessenarchäologie, eine Abteilung des Landesamtes für Denkmalpflege mit Sitz in Wiesbaden, tätig ist, unterstützt die Stadt Rödermark bei den Vorbereitungen für den Transport der Funde in die Landeshauptstadt. Rund 120 Kartons mit Ausgrabungsmaterial wurden im Hinblick auf etwaigen Schimmelbefall unter die Lupe genommen.
„Das, was ich hier an Proben einsammle, wird zur Analyse zum TÜV Süd geschickt. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darüber bringen, ob das reguläre Waschen der Funde durch ehrenamtlich engagierte Laien ausreichend ist oder ob für diese Aufgabe eine auf Schimmel spezialisierte Fachfirma engagiert werden muss“, erläuterte Henke, als sie im Garagentrakt des Jägerhauses mit Maske und Schutzanzug zu Werke ging und eifrig Abstrich- und Klebefilmproben nahm.
Vieles von dem, was bei Grabungen unter der Leitung des ehemaligen Hessischen Landesarchäologen, Professor Dr. Egon Schallmayer, zutage gefördert wurde, lagert bereits in konservatorisch einwandfreiem Zustand in dem zentral gelegenen Bau an der Ecke Trinkbrunnenstraße/Dieburger Straße. Die Archäologin Aika Diesch hat sich der Material-Auswertung über Jahre hinweg intensiv gewidmet und erfolgreich ihre Dissertation zu eben diesem Thema erarbeitet.
Dabei rückte einmal mehr das sagenumwobene mittelalterliche Kloster Rothaha in den Fokus der Betrachtungen: Also jener Bau von einst, den der gebürtige Ober-Röder Schallmayer aufgrund der entdeckten Zeugnisse der Vergangenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem heutigen Areal im Bereich der Pfarrkirche St. Nazarius verortet.
Die Stadt Rödermark und Hessenarchäologie haben sich grundsätzlich darauf verständigt, sämtliche Funde der von 1985 bis 1994 erfolgten Ortskern-Grabungen einer materialgerechten Lagerung im Depot der Denkmalschutz-Experten in Wiesbaden zuzuführen. Dabei soll die Option „Leihe auf Zeit“ berücksichtigt werden, um beispielsweise Sonderausstellungen in Rödermark temporär mit Exponaten aus dem großen Konvolut bestücken zu können. Doch ehe der Transfer in die Landesmetropole am Rhein erfolgt, ist erst einmal die Frage „Schimmelbefall?“ für den noch nicht konservierten Teil des Bestandes zu klären.
Deshalb wurde der Termin vor Ort mit Christine Henke vereinbart. Die Erste Stadträtin Andrea Schülner und Thomas Mörsdorf, der Leiter des städtischen Fachbereichs für Kultur und Sport, freuten sich über den Besuch der Sachverständigen. Tenor nach dem Erprobungsstreifzug durch die Lagerräume: Auf dem langen Weg zu ordnungsgemäßer Sicherung, Aufarbeitung und Bewahrung sei nun abermals ein wichtiger Schritt erfolgt.
Der Mann, der es aufgrund seiner wissenschaftlichen Expertise am besten wissen muss, urteilt genauso. Er freue sich sehr, dass alle Beteiligten einschließlich der Stadt Rödermark zielgerichtet auf eine gute Lösung zusteuerten. Es werde Sorge dafür getragen, dass die historisch bedeutsamen Funde in Zukunft „angemessen und sicher in der Obhut der dafür zuständigen amtlichen Stellen des Landes Hessen“ gelagert würden, unterstreicht Schallmayer.
Sein Ausblick: „Die gesamten Dokumentationsunterlagen werden ebenfalls der hessischen Bodendenkmalpflege übergeben, um in deren Ortsarchiv eingefügt zu werden. Auch diese Unterlagen stehen für fortzusetzende wissenschaftliche Arbeiten zu den gleichfalls bedeutenden Funden und Befunden aus den weiteren Grabungen im Ortskern – katholischer Kindergarten, Rathaus, Zehnthof, Dieburger Straße 7 bis 11 und sonstige Fundstellen – zur Verfügung.“