„Früher war mehr Kerb in Ober-Roden.“ Den Eindruck konnten Besucher am Wochenende gewinnen, wenn sie nachmittags über das Kerbgelände schlenderten. Doch der Eindruck täuschte: Es waren einfach die verteilten Standorte, denen – mit Ausnahme der Pfarrgasse – etwas das zentrale Herzstück fehlte. Dieser Eindruck änderte sich aber auch schon, wenn man den Abend in den Gassen rund um den Rodgaudom verbrachte: dann war’s nämlich proppenvoll.
Zum Publikumsmagneten wurde wieder einmal die Pfarrgasse mit ihren Zelten und dem „Dinjerhof“. Dort ging‘s am Freitagabend mit der Kerbausgrabung los. Acht Kerbburschen und zwei Kerbmädchen stellten den rechten Vorlauf für das Mundarttheater dar. Norbert Köhler und sein Oweräirer Freundeskreis sorgten mit Musik und Texten im Dialekt für die richtige Einstimmung.
Am Samstag wurden zwei neue Bäumchen hinter der TG gepflanzt, bevor der Kerbbaum vorm „Dinjerhof“ in die Höhe gewuchtet wurde. Beim Fassanstich saß gleich der erste Schlag von Bürgermeister Jörg Rotter, später zogen viele zum Kerbgottesdienst in den Rodgaudom. Anschließend ging‘s überall im Ort weiter. In den Zelten wie bei den Rödermarkfreunden gab‘s Theater, Musik und Spaß, und dieser Spaß ging am Sonntag gleich weiter.
Das traditionelle Kartoffelgemüs‘ bei der Kolpingsfamilie stärkte die Gäste ebenso wie der unerlässliche Riwwelkuche‘ für das nachmittägliche Schubkarrenrennen: Kerbburschen, „Kerbeltern“, Junge und nicht mehr ganz so Junge hatten sich paarweise angemeldet und kämpften bei Brezelschnappen, Dosenwerfen, Wippefahren und Schaumkussfüttern bis zur abschließenden Limbohürde um Ruhm und Ehre.
Der Kerbspruch war eine Herausforderung für die traktorfahrende Mechthilde Zöller, die sich mit ihrer kostbaren Fracht durch die Poller bis zum Traditionslokal „Mortsche“ kämpfte, wo zur allgemeinen Verwunderung erstmals ein „Kerbeltern“-Paar den Spruch verlas. Ausgesprochen charmant, gut verständlich und mit immer treffsicherer Würze beschrieben Ellen Rausch und Jan Patrick Ressemann die Besonderheiten im Ort während der letzten zwölf Monate. Sie setzten viele kleine Spitzen, aber nie unter der Gürtellinie und immer laufstark beklatscht von den vielen Zuhörern. Da kam die Bürgermeisterwahl mit überraschendem Zweitkandidaten und Kaffeebike ebenso nicht zu kurz wie die manchmal schlecht gewählten Wort der Rödermark-Gruppen auf Facebook oder die Fußball-Europameisterschaft der Damen: „Gesamteindruck: Vielleicht sind ja doch die Frauen die besseren Männer?“ Das Loch am Kauflandgelände, das zum Umfahren zwang, ließ die Redenschreiber Maurice Gotta, Daniel Fenner, Thomas Wolf und Norbert Köhler frohlocken: „Endlich geht’s in Orwisch auch einmal rund!“ Und natürlich bekam auch die Hoabacher Stadtranderholung ihren Kommentar: „Sie werd nächstes Joar 50, und sie wird es ach in weiteren 50 Jahre noch gebe!“ Und dass Ober-Roden kein „goldenes M“ (wie McDonalds) braucht, war eh klar: „Als Fazit fällt mir somit oi: das Goldene M vun Owerroure wärd immer es Mortsche soi!“
Mit dem Frühschoppen und dem abendlichen Kerbverbrennen ging am Montag die Oweräirer Kerb 2025 zu Ende. Doch nach der Kerb ist vor der Kerb: Man darf gespannt sein, wie die Veränderungen rund um die Kirche, die am 1. Oktober in eine neue Ausbauphase gehen, das Kerbgeschehen dann verändern werden.