Norbert Schultheis, fast 29 Jahre für die SPD in der Kommunalpolitik aktiv, brachte es auf den Punkt: Ehrungen langjähriger Mitglieder des Stadtparlaments habe er früher als Vereinsmeierei abgetan. Doch seine Ansichten hätten sich grundlegend geändert. Es stärke die Demokratie, wenn diejenigen gewürdigt würden, die sich für und in ihren Institutionen engagierten. Das taten Magistrat und Stadtverordnetenversammlung am Ende der jüngsten Sitzung. Urkunden und Medaillen gab es für all diejenigen, die mit Ablauf der Legislaturperiode 2016-2021 oder im Verlauf der Wahlzeit nach zum Teil jahrzehntelanger ehrenamtlicher Tätigkeit ausgeschieden waren. Und Schultheis selbst gehörte als derjenige mit der längsten ehrenamtlichen Dienstzeit dazu. Dafür war er vor seiner Dankesrede zum Stadtältesten ernannt und mit der Verdienstplakette in Gold ausgezeichnet worden.
Die höchste Auszeichnung an diesem Abend wurde ganz am Ende Roland Kern zuteil, Rödermarks Bürgermeister mit der längsten Amtszeit (2005 bis 2019). Er ist nun Ehrenbürgermeister, so wie seine Vorgänger Karl Martin Rebel, Walter Faust und Alfons Maurer. Schon im vergangenen Jahr hatte das Stadtparlament einen entsprechenden Beschluss gefasst. „Nach den langen Blockadefesseln im Zuge der Corona-Pandemie“, so Kerns Nachfolger Jörg Rotter, biete sich nun endlich die Gelegenheit, die Urkunde zu überreichen und in einem würdigen Rahmen zu gratulieren. Das tue er sehr gerne, denn Kern habe sich um Rödermark verdient gemacht.
Alle Facetten eines „außergewöhnlichen Lebensweges“ könne man nicht beleuchten, so Rotter. „Doch gleichwohl verdienen Schlüsselbegriffe wie Beharrlichkeit, die Lust zum konstruktiven Meinungsstreit, die Fähigkeit zum Brückenbau über Parteigrenzen hinweg und eben jenes Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen, das zu seiner Popularität maßgeblich beigetragen hat, an dieser Stelle besondere Erwähnung.“ Kern habe sicherlich profitieren können von einem großen politischen Horizont, der über die Jahrzehnte hinweg immer breiter und facettenreicher geworden sei. Stadtverordneter seit 1981, prägender Kopf und Fraktionsvorsitzender der Anderen Liste (AL), außerdem „grünes Urgestein“ im Hessischen Landtag, dessen Vizepräsident, Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshofes… „Das alles war der Rechtsanwalt Roland Kern, ehe ihm schließlich 2005 im heimischen Rödermark bei seiner dritten Bürgermeister-Direktkandidatur – so viel zum Stichwort ‚Beharrlichkeit‘ – der Sprung an die Spitze der Stadtverwaltung glückte. Er hat aus diesem Fundus an Erfahrung geschöpft und er konnte, gestützt darauf, seine eigene Handschrift im Amt entwickeln.“ Zum Schluss seiner Laudatio wurde Rotter sehr persönlich. Während seiner schweren Krankheit 2016 sei Roland Kern eine wichtige Stütze für ihn gewesen. Kern stehe für die Menschlichkeit in der Politik.
Perikles führte der frisch gekürte Ehrenbürgermeister – zu seinen aktiven Zeiten der „Philosoph der Bürgermeister- Dienstversammlung“ im Kreis, so Rotter in seiner Laudatio – als Kronzeugen für bürgerschaftliches Engagement an: „Wer an den Dingen seiner Stadt nicht Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger!“, hatte der Athener Staatsmann aus antiken Zeiten seinen Polis-Mitbürgern einst ins Gewissen geredet. Kern nahm das Zitat als Kompliment für die ausgezeichneten Bürger dieser Stadt. „Sie alle hier im Saal sind gute Bürgerinnen und Bürger, denn sie kümmern sich um die öffentlichen Angelegenheiten. Perikles hatte Sie vor Augen.“
Neben Norbert Schultheis wurden noch drei andere Urgesteine der Rödermärker Kommunalpolitik zu Stadtältesten ernannt, wofür die Ehrungsordnung mindestens 20 Jahre im politischen Ehrenamt fordert: Hans-Jürgen Daum (AL/Die Grünen), Hans-Peter Hente (CDU) und Hans Sulzmann (CDU). Ehrenurkunden (mindestens zehn Jahre Ehrenamt) und Verdienstplaketten in Bronze gab es für Karl Schäfer, Jochen Zeller (verhindert), Dieter Rebel, Ralph Hartung, Franz Keck und Jochen Weiland. Gerd Weber, Perihan Demirdöven, Gerd Kraus, Stefanie Arnheiter, Annette Böffinger, Christian-David Bombelka, Klaus Hartmann, Siegfried Kupczok und Stephan Menzel nahmen Dankesurkunden für weniger als zehn Jahre parlamentarischer Tätigkeit persönlich entgegen. Alexander Görlich, Gerd Gries, Hannelore Röhrig, Oliver Kempf, Jürgen Menckhoff, Samuel Diekmann, Valeska Donners, Yeliz Bosch und Justyna Rulewicz waren an diesem Abend nicht da.