Wieder einmal bestes Kerbwetter, fröhliche Menschen, gut gepflegte Traditionen und Angebote für alle Generationen, zwischen Pfarrkirche St. Nazarius und Dinjerhof gemütlich-kuschlig zusammengerückt, Wohlfühl-Atmosphäre im alten Ort verbreitend: damit punktete die 2024er Ausgabe der Oweräirer Kerb in großem Stil. Von Freitag bis Montag wurde im Ortskern feste und friedlich gefeiert.
Zweifelsohne einer der Höhepunkte: der Kerbspruch am Sonntag, wunderbar vorgetragen von Kerbvadder Tim Frank, geschrieben von Norbert Köhler, Thomas Gotta und Maurice Gotta. Spöttisch blickte Frank vom Wagen „vorm Mortsche“ zunächst gen Westen, verband die Orwischer Kerb anhand eines Presseberichts mit „Quantität“, während die in Oweroure mit „Qualität“ punkte, sprach von Kerbborsche, die schon am Donnerstagabend „mied“ und der Rechtschreibung in ihren sozialen Medien-Verlautbarungen nicht mächtig seien – zumindest was die Schreibweise des Wortes Kerbborsche anbelange. Den Orwischer Kerbbaum und das Brimborium der dortigen Kerbmacher um das Symbol nahm Frank noch ins Visier, ehe er sich den kleinen, feinen Geschichten aus dem Ort widmete: selbstironisch einer aus dem Ruder gelaufenen Heimfahrt von Kerbvereinsmitgliedern nach einer Fastnachtsveranstaltung; lobend dem Endlisch-Musigg-Orchester, dem ersten Kulturpreisträger der Stadt, lobend auch den Arbeitern, die blitzschnell die Glasfaserleitungen durch die Stadt ziehen, und denen, die auf dem „Kerschedach“ ihrer Zeit voraus waren und dafür sorgten, dass St. Nazarius drei Monate früher als geplant kupfern blinkt. Zum Schluss gab es als Premiere eine Ehrung während des Kerbspruchs, und zwar für Kerbwagen-Chauffeurin Mechthilde Zöller: „Für all deine Verdienste rund um die Kerb, so soll es sein, bist du ab sofort Ehrenmitglied vom Kerbverein.“
Dem Nedelmann’schen Kindertheater auf der Bühne vorm Dinjerhof, dem vielleicht künftige Kerbburschen und -mädchen zu Füßen saßen, folgte wieder einmal das herrliche Schubkarrenrennen. Es siegten Kerbvadder Tim Frank und Paul Hunkel.
Begonnen hatte das viertägige Fest wieder mit einem Mundartabend: Bis auf den letzten Platz gefüllt war der Dinjerhof bei Sketchen, Liedern, Gedichten und Kerbtheater rund um den Oweräirer Dialekt, dargeboten von zahlreichen einschlägig bekannten Akteuren. Hinterher wurde die Kerb traditionsgemäß ausgegraben. Neun Kerbburschen und drei Kerbmädchen weckten die Kerbbobb aus ihrem einjährigen Schlaf und stellten sich der Menge vor.
Ein neues Quetschebäumchen wurde am Samstag im Quetschewäldchen hinter dem TG-Sportplatz gepflanzt, gestiftet von den Eltern des Kerbvereinsnachwuchses Freya Fee Fenner. Der eigentliche Kerbbaum hat sich gewandelt, und die Ober-Röder machen auch kein großes Gewese mehr um diesen Teil der Kerbtradition: früher ein stattliches Exemplar, das auf dem Marktplatz von den Kerbborsche mit vereinten Kräften hochgestemmt wurde, heute umwelt- und klimagerecht nur ein symbolisches Bäumchen am Dinjerhof. Dafür wird am Ortsausgang demnächst wieder ein Baum gepflanzt – neben der Spalttablette, wo sich ein Kerbverein-Spendenbaumwäldchen entwickeln könnte. Diesmal ist es eine Eberesche, „ein Baum für die Zukunft, der 63 Vogelarten ernähren kann“, wie Rüdiger Werner vom Naturschutzbund erläuterte.
Nachdem der Baum befestigt war, waren die Kräfte von Bürgermeister Jörg Rotter für den Plastik-Hahn des Bierfasses zu roh (oder der Plastik-Stebbel einfach ein „Sch…). Der steckte nach einem Schlag zwar dort, wo er stecken sollte, doch war der Zapfhahn abgebrochen, und das Freibier konnte erst fließen, nachdem eine Zange als Notlösung aufgetrieben worden war.
Am Montag traf man sich traditionell zum Frühschoppen. Manche blieben gleich bis zum Abend und vergossen mit dem Himmel Tränen der Trauer, dass es zu Ende ging, das schöne Fest. Am Abend wurde die Kerb dann traditionell am Gleisdreieck beerdigt; die Kerbbopp musste dort wie immer den Feuertod sterben.