Die Kommunalen Betriebe der Stadt Rödermark (KBR) haben damit begonnen, einige Bordsteine im Stadtgebiet abzusenken. Mit einem Haushaltsrest in Höhe von 20.000 Euro aus dem Budget der Bauverwaltung können in den kommenden Wochen insgesamt rund 25 Bordsteinabsenkungen finanziert werden. Dabei arbeiten die KBR eine Prioritätenliste ab, die in der Leitbildgruppe „barrierefreie Stadt“ um ihren Projektpaten Heinz Weber erstellt wurde.
Diese Liste basiert unter anderem auf Testfahrten mit Rollstuhlfahrern, die die Caritas-Senioren-Lotsen um Projektkoordinator Wolfgang Geiken-Weigt unternommen haben. In Ober-Roden führte eine dieser „Befahrungen“ von der Wittenberger Straße über die Babenhäuser Straße zum Rathaus und zurück über die Dieburger Straße. Dabei fielen drei Gefahrenstellen auf: an der Ecke Babenhäuser Straße/Am Motzenbruch – hier wurde mit den Arbeiten am Mittwoch dieser Woche begonnen –, in der Dieburger Straße vor dem Zeitungsladen und an der Fußgängerampel gleich um die Ecke.
In Urberach, wo auch Mitglieder der Quartiersgruppe beteiligt waren, führte der Weg vom Friedhof über die St.-Gallus-Kirche, die Robert-Bloch-Straße, die Wagnerstraße und die Bahnhofstraße zum Fachmärktezentrum. Hier wurden mehrere fehlende Bordsteinabsenkungen gefunden, die für Rollstuhlfahrer besonders relevant sind: an der Einmündung von der Darmstädter Straße in die Töpferstraße, an der Ecke Robert-Bloch-Straße/Am Festplatz (Weg zur Post), an der Einmündung von der Wagnerstraße in die Bahnhofstraße, kurz vor dem Bahnübergang, wo die Kurt-Schumacher-Straße in die Bahnhofstraße mündet, und an der Einfahrt von der Ober-Rodener Straße zum Fachmärktezentrum. Zudem endet der Fußweg zum Fachmärkte-Zentrum an den Parkplätzen ohne Bordsteinabsenkung und ist zu eng, um zu wenden. Ein schmaler E-Rollstuhl kippte beim Hinunterfahren bedrohlich zur Seite. Hier wollen die Seniorenlotsen den Eigentümer des Fachmärktezentrums anschreiben und bitten, den Bordstein im Interesse der behinderten Kunden abzusenken. Außerdem haben die Testfahrer die Erfahrung gemacht, dass der Bürgersteig in der Friedhofstraße in östlicher Richtung extrem schräg ist und zur Darmstädter Straße hin so eng wird, dass man mit dem Rollstuhl auf der Straße fahren muss.
Was hat das Ganze mit dem Leitbild der Stadt zu tun? Die Ausgangslage: Am 13. Februar 2012 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Durchführung des Leitbildprozesses für Rödermark. Nach internen Vorklärungen in der Stabsstelle und der Kommission Leitbild und Stadtentwicklung folgte im Frühjahr die Bestandsaufnahme in Form einer repräsentativen Befragung von 666 Rödermärkerinnen und Rödermärkern. Am 4. Dezember 2012 hat die Stadtverordnetenversammlung das Leitbild einstimmig beschlossen.
Besonders wichtige Maßnahmen wurden zu Leitprojekten, um deren Umsetzung sich Bürgerinnen und Bürger als sogenannte Paten besonders kümmern. Aktuell gibt es mehr als 20 Leitprojekte. So will eine Gruppe die Vorteile des Standorts Rödermark für Wirtschaft und Leben noch besser aufzeigen und ausbauen, eine andere Versorgungslücken in den Quartieren schließen, wieder eine andere mehr Treffpunkte in den Stadtteilen für Jung und Alt schaffen. Eines der Leitprojekte heißt „Bestandsaufnahme und Konzeptentwicklung zu Angeboten für Menschen mit Behinderung (barrierefreie Stadt)“. Pate ist Heinz Weber, der von der Seniorenhilfe und dem Seniorenbeirat unterstützt wird.
Hintergrund: Barrierefreiheit
Was ist Barrierefreiheit? „Barrierefrei“ bedeutet, dass jeder Bürger alle Einrichtungen und Institutionen in seinem Lebensraum barrierefrei betreten, befahren und selbständig, weitgehend unabhängig ohne fremde Hilfe sicher benutzen kann. Barrierefreies Planen und Gestalten hat dabei immer auch eine vorsorgende Dimension. Im weiteren Sinn zielt das Prinzip der Barrierefreiheit aber darauf, dass nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern beispielsweise auch ältere Menschen und Personen mit Kleinkindern in die frei zugängliche Nutzung der baulich gestalteten Umwelt einbezogen werden. Besondere Beachtung bei der Barrierefreiheit gilt in Rödermark den circa 7.500 Menschen, die älter als 60 Jahre sind (rund 27 Prozent der Stadtbevölkerung) und den etwa 920 (3,3 Prozent) Menschen mit Behinderung, aber gleichermaßen auch den Müttern mit Kinderwagen.
Wie kann die Barrierefreiheit in Rödermark grundsätzlich weiter verbessert werden? Bei allen städtischen Straßenbaumaßnahmen (neu oder Reparatur) sollen auch im Umfeld der Baustelle mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit berücksichtigt werden. Gezielte Maßnahmen im konkreten Einzelfall richten sich nach der Priorität und den finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Neben den baulichen Maßnahmen muss den Erkenntnissen der Leitbildgruppe zufolge aber auch permanent auf die Bewusstseinsbildung bei allen handelnden Personen in der Stadt sowie in Gremien, in Vereinen und im Gewerbe eingewirkt werden.