Wer freundschaftliche Beziehungen über EU-Grenzen hinweg pflegen möchte, muss sportlich zu Werke gehen und Kondition mitbringen. Das bedeutet konkret: Erst wurden 900 lange Buskilometer von Rödermark bis nach Bodajk mit vergleichsweise kurzer Nachtruhe abgespult. Dann folgten exakt 47 Stunden Aufenthalt inklusive Ausflugsprogramm bei den Gastgebern in Ungarn. Schlussendlich gab es erneut den schlappen, knappen 1000er zurück ins Hessenland. Kurzum: Ein dreitägiges Erlebnis der besonderen Art liegt hinter einer gut 20-köpfigen Reisegruppe.
So wurde sie fortgeschrieben, die Tradition der wechselseitigen Besuche, die die Städtepartnerschaft seit mittlerweile 33 Jahren prägt. Und fragte man kurz vor dem finalen Stopp und dem Kofferausladen am Festplatz Urberach nochmal nach im Bus, so klang das Fazit bei allen Teilnehmern doch sehr ähnlich: „Beeindruckend, diese Turbo-Tour!“
Auch Bürgermeister Jörg Rotter stimmte in den allgemeinen Tenor ein. Er lobte das organisatorische Geschick der Ungarn, die Ausflüge zu Burgen, Mühlen und Schlössern im schönen Hügelland rund um die 4.000 Einwohner zählende Kommune, geselliges Beisammensein und Einblicke in ihren Lebensalltag zu einer runden Sache kombiniert hatten. Entscheidend bei alledem aus Rotters Sicht: „Die Herzlichkeit der privaten Quartiergeber, die Offenheit im Umgang miteinander und die vielen Freundschaften, die entstanden sind – das alles macht das Band der Verschwisterung mit Bodajk zu einer ganz speziellen Herzensangelegenheit.“
Markante Höhepunkte der Stippvisite: Die Burgen in Csókakö und Várpalota sowie die Jagdschloss-Anlage Királyszállás boten Gelegenheit, herrliche Ausblicke auf die Landschaft mit einem informativen Streifzug durch die ungarische Geschichte zu verknüpfen. Die Zeit der türkischen Herrschaft kam dabei ebenso zur Sprache wie adliges und bäuerliches Leben in den Jahrhunderten danach. Ein weiteres interessantes Kapitel: Massive Gebietsverlust im Gefolge des Ersten Weltkrieges (Vertrag von Trianon) und die damit einhergehende Zersplitterung der Bevölkerung. Ungarn, die fortan im geschrumpften Kernland lebten, und Landsleute, die in den Nachbarstaaten versuchten, ihre ethnisch-kulturellen Traditionen zu bewahren: So änderte sich die Gewichtung vor gut 100 Jahren.
Wer wollte, konnte mit den Gastgebern auch den Bogen zur Großen Politik der Gegenwart spannen. Kriege, Krisen, Kontroversen: An Gesprächsstoff herrschte kein Mangel. Doch gleichwohl dominierten die heiteren, unbeschwerten Momente, sei es bei einer Weinverkostung in einem urigen Keller oder tags darauf beim Auftritt der Bodajker Volkstanzgruppe im schmucken Pfarrhof der barocken Wallfahrtskirche, wo auch eine Messe zelebriert und an Rödermärker erinnert wurde, die gerne dabei gewesen wären, aber krankheitsbedingt nicht mitfahren konnten.
Mit von der Partie war freilich Ehrenbürgermeister Alfons Maurer, der nach langer Zeit mal wieder zu den Bodajk-Fahrern zählte. Hocherfreut zeigte sich der 85-Jährige über die bunten Eindrücke des Wochenendes, insbesondere über den signifikanten Sprung nach vorn, den die Infrastruktur des Ortes an vielen Stellen gemacht hat.
Thomas Mörsdorf, der als Leiter des städtischen Fachbereichs für Kultur, Heimat und Europa den Trip ins Land der Magyaren federführend vorbereitet und koordiniert hatte, beschrieb seine zentrale Beobachtung wie folgt: „Es ist eine nach wie vor sehr vitale Partnerschaft auf Augenhöhe, die wir mit den Freunden in Bodajk pflegen. Und es freut mich sehr, dass im dortigen Stadtbild viele positive Entwicklungen unübersehbar sind.“
Apropos „vital“: Um den Austausch auch mittel- und langfristig lebendig und gewinnbringend für beide Seiten zu gestalten, brauche es Verjüngung. Sprich: Verstärkt Menschen der Altersgruppe zwischen 15 und 50, die man dafür gewinnen wolle, den Staffelstab zu übernehmen und das Interesse füreinander nicht abflauen zu lassen. Diese Auffassung brachten Jörg Rotter und sein Bodajker Amtskollege Lóránt Wurczinger gleich mehrfach zum Ausdruck, sowohl am Samstagabend, als im Keller der Pfarrei in großer Runde getafelt wurde, als auch beim finalen „Adieu“ am Sonntagmorgen, das nach dem Reisesegen in der evangelisch-reformatorischen Kirche in der gewohnten Art und Weise anstand, mit vielen Emotionen und Umarmungen, einigen Tränen und dem kollektiven Wunsch „Auf ein Wiedersehen in Deutschland!“.
2027, wenn 50 Jahre Rödermark und 35 Jahre Partnerschaft mit Bodajk im Doppelpack gefeiert werden, soll es abermals eine Zusammenkunft in großer Aufmachung und mit vielen Programmpunkten geben. Das haben sich alle Beteiligten versprochen – und so heißt es dann für die Ungarn: Ab in den Bus, auf ein Neues, mit knapp 2.000 Kilometern Hin- und Rückfahrt. Für eine Partnerschaft, die all das wert ist.