Chillen statt schwitzen, Auftritte statt Aufgüsse, Film-AG statt finnischer Sauna – das Stadtparlament hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause den Weg freigemacht für den Umbau der Sauna-Landschaft im Untergeschoss des Badehauses in ein Jugendzentrum. Das soll laut der fast einstimmig verabschiedeten Magistratsvorlage - lediglich AfD-Mann Jochen Roos stimmte dagegen - jetzt detailliert geprüft werden. Vom Tisch sind damit Pläne für den Neubau eines zentralen Rödermärker Jugendtreffs hinter dem Badehaus. Den hatten die Stadtverordneten erst im Februar des vergangenen Jahres grundsätzlich beschlossen.
Grund für den Schwenk: das Geld. Als sich die Parlamentarier damals für den Neubau aussprachen, war von Kosten in Höhe von 3,5 bis 4 Millionen Euro die Rede; zuletzt wurde eine Summe von rund 4,5 Millionen Euro genannt. Für einen Umbau des Wellnessbereichs werden dagegen nur rund 1,2 Millionen Euro veranschlagt. „Das ist in Zeiten, in denen vom Städtetag Steuereinbrüche prognostiziert werden, ein Riesenunterschied“, betont Bürgermeister Jörg Rotter. Und es müssten nicht einmal räumliche Kompromisse eingegangen werden. „Die Fachabteilung Jugend braucht für eine vernünftige Jugendarbeit 800 Quadratmeter. Diese Größenordnung hätte der Neubau abgedeckt. Die jetzigen Saunaräume bieten sogar noch 30 Quadratmeter mehr“, so der Verwaltungschef. Also 830 Quadratmeter Platz für alles, was Jugendarbeit heute benötigt: Räume für Musik und Bewegung, zum Chillen und Kreativ-werden, für die immer wichtigere Medienarbeit, für Büros, Lager und eine Küche.
Die neuen Pläne begannen Mitte März zu reifen, nachdem die Kommunalen Betriebe (KBR) den Zustand der 2006 eröffneten und 2015 verpachteten Sauna überprüft hatten. Fazit: Die Räumlichkeiten hätten für rund 500.000 Euro saniert werden müssen. „Das hätten wir dann natürlich über die Miete refinanzieren müssen“, erläutert Rotter. Unrealistisch. Man habe sich deshalb mit der „Grundsatzfrage“ beschäftigen müssen, „ob es für das Untergeschoss des Badehauses andere Optionen gibt“. In Rotters Gesprächen mit den KBR wurde die Umbau-Idee entwickelt, die Abteilung Gebäudewirtschaft des Eigenbetriebs mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, dann signalisierte die Betriebskommission grünes Licht für die weitere Konzeptionierung und eine Kostenermittlung – all das, was in die Magistratsvorlage einfloss und nun auf den Weg gebracht wurde.
„Unser primäres Ziel ist es, den Jugendlichen ein Angebot machen zu können. Und wenn dies in schwierigen Zeiten mit erheblich weniger Mitteln bei gleicher Qualität möglich ist, können wir davor die Augen nicht verschließen“, so der Bürgermeister. „Zumal jedes neue Gebäude mit seinen Betriebskosten den Haushalt zusätzlich belasten würde.“
Neben dem finanziellen Aspekt nennt Rotter noch andere Vorteile des neuen Wegs zum neuen JuZ: weniger Versiegelung, mehr Platz für die Allgemeinheit und für den geplanten Spielpark hinter dem Badehaus, die Möglichkeit, den Radweg wieder am Badehaus vorbei zur Kreuzung zu führen. Zudem spricht der Bürgermeister auch von „positiven Reaktionen“ der Schwimmvereine, die Räumlichkeiten in dem neuen JuZ dann möglicherweise auch für ihre (Jugend-)Arbeit nutzen könnten.
All dies zusätzlich zu den Vorteilen, die der schon bislang ins Auge gefasste Standort am Badehaus gegenüber dem JuZ in Ober-Roden und dem SchillerHaus bietet: zentrale Lage, gute Anbindung an den ÖPNV, ein großes Außengelände für Sport und Bewegung, keine Wohnbebauung in der direkten Nachbarschaft. Und auch die neuen Toiletten könnten dann von den Besuchern des Spielparks genutzt werden. Ein separater Eingang auf der Nordseite soll verhindern, dass sich JuZ-Besucher und Schwimmbadgäste in die Quere kommen.
„Die Politik hat die Zeichen der Zeit erkannt und klug die Weichen neu gestellt“, lobt Bürgermeister Rotter die Stadtverordneten. Die breie Mehrheit sei ein deutliches Signal gegen Kritik an dem Vorhaben. Die sei ihm gegenüber auch vornehmlich in Briefen und Mails von Menschen aus der Region geäußert worden. „Natürlich habe ich Verständnis dafür: Hier fällt etwas weg, was viele liebgewonnen haben. Aber in dieser Situation müssen wir uns auf unser Kerngeschäft ‚Schwimmen‘ konzentrieren.“ Auch den Ärger der „Saunaritter“ könne er verstehen. „Aber wir haben unseren Mieter frühzeitig informiert. Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen und würden auch dabei helfen, neue Räume zu finden.“ Der Mietvertrag läuft noch bis zum 30. September 2025 – eine frühere Trennung käme der Stadt natürlich gelegen.
Für einen Neubau durfte die Stadt mit Zuschüssen im Rahmen des Förderprogramms „Wachstum und Nachhaltige Erneuerung“ rechnen. Ein erster Förderbescheid über 1,2 Millionen Euro lag schon vor. Jetzt gelte es, diese Mittel umzuwidmen – sprich: Auch einen Umbau möchte die Stadt im Förderprogramm unterbringen. Eine positive Erstbewertung habe das Land schon abgegeben, heißt es in der Vorlage.
Hinweis: Im ursprünglichen Beitrag war davon die Rede, dass der Beschluss bei der Sitzung des Stadtparlaments einstimmig erfolgte. Der Stadtverordnete Jochen Roos (AfD) stimmte jedoch gegen die Magistratsvorlage. Der Fehler wurde in der Zwischenzeit korrigiert.