Inspiration und Handwerk: Wenn Kibler schreibt…

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Charmanter Darmstadt-Krimi-Autor war zu Gast in Rödermark

Mehr als ein Dutzend Darmstadt-Krimis hat er geschrieben. Vom Erstlingswerk „Madonnenkinder“ im Jahr 2005 spannte er den Bogen über schaurig-schöne Folgetitel wie „Rosengrab“, „Todesfahrt“ und „Seelenraub“ bis hin zu „Stiller Hass“, dem aktuellen und mittlerweile 14. Fall, den seine Hauptfiguren – Privatdetektiv Steffen Horndeich und Kommissarin Margot Hesgart – zu lösen haben. 

In seinen Erzählungen gibt es vertraute Figuren als Ankerpunkte im kurvenreichen Fluss der Handlung. Stets liefert die südhessische Metropole mit ihren populären, aber auch mit weniger bekannten Ecken und Winkeln eine Kulisse à la Entdeckungsreise. Mit eben diesem lokalpatriotisch gefärbten Schreib-Strickmuster verbucht er gute Verkaufserfolge. Eine treue Fan-Gemeinde fiebert der jeweils nächsten Geschichte entgegen. Fortsetzung folgt…

Die Rede ist von Michael Kibler, der kürzlich in Rödermark gastierte. Der Schriftsteller folgte einer Einladung von LeseZeichen, dem Freundeskreis der Stadtbücherei, und brachte im Rothaha-Saal einige Passagen aus „Stiller Hass“ zu Gehör.

Diesmal geht es darum, einen knapp 20 Jahre zurückliegenden Mordfall neu aufzurollen. Wer hat die Schlagersängerin Susanna umgebracht? Ein Mann, der angeklagt und verurteilt wurde? Eben dieser Marco Seidel, der freilich behauptet, er sei unschuldig im Gefängnis gelandet? Horndeich und Hesgart müssen herausfinden, ob tatsächlich ein großer Justiz-Irrtum die Weichen in eine völlig falsche Richtung gestellt hat.

Des Rätsels Lösung verrät Kibler bei seiner Lesung vor einem mucksmäuschenstillen, rund 30 Köpfe zählenden Auditorium natürlich nicht. Spannung aufbauen… Lust aufs Weiterlesen in den heimischen vier Wänden erzeugen… Das kann er, der 59-jährige gebürtige Heilbronner, der freilich ein Überzeugungs-Darmstädter durch und durch ist.

Wie er kerzengerade am Tisch sitzt, akkurat die markierten Buchseiten aufschlägt und markant die Stimme hebt und senkt: Das hat bisweilen etwas Oberlehrerhaftes, wird aber zugleich charmant gebrochen durch schelmenhafte Züge, die immer wieder aufblitzen. Kurzum: Es ist ein kurzweiliges Vergnügen, Kibler zuzuhören.

In der Frage-und-Antwort-Runde mit dem Publikum untermauert der promovierte Germanist seine These, dass „fünf Prozent Inspiration“ für den roten Krimi-Faden entscheidend seien. Ein guter Startschuss, ein Funke, der zündet… Der große Rest, das Feilen an den Charakteren und das Ausrollen der Handlungsstränge: Das sei dann mal mehr und mal weniger schwieriges Tagesgeschäft, frei nach dem Motto „Schreiben ist Handwerk“, erläutert Kibler – und es klingt ein bisschen kokett, aber auch irgendwie einleuchtend, überzeugend, professionell.

Doch zurück zum Stichwort „Darmstadt“: Dr. Regina Schick, die Vorsitzende des Vereins LeseZeichen, erinnert daran, dass Kibler auch abseits seiner Horndeich-Reihe unterwegs ist. Wer wolle, könne mit ihm auf Fußball-Streifzüge gehen (ebenfalls kriminalistisch geprägt: „Bölle-Hölle“) oder von seinem Talent als Stadtführer profitieren, auch auf Wegen fernab des touristischen Mainstreams. Das dazu passende Buch: „66 völlig unbedeutende Orte in Darmstadt – Darmstadt abseits der Reiseführer“.

So viel Anhänglichkeit an eine Stadt, so viel Nabelschau, so viel emotionales Wohlbehagen im vertrauten Dunstkreis: Ob es vor diesem Hintergrund denn nicht angebracht wäre, wenn sich Darmstadt als Kommune mal erkenntlich zeigen würde für das literarische Denkmal, das er so eifrig aufschichte und immer weiter in die Höhe wachsen lasse? Auf diese Frage aus dem Publikum antwortet der Autor milde lächelnd. Den Ehrentitel des „Bekennenden Heiners“ würde er ganz bestimmt nicht ablehnen, wenn denn eine entsprechende Anfrage käme. Es ist ein klitzekleiner Einblick in sein Seelenleben, den er in diesem Moment zulässt, mit einem Augenzwinkern, selbstbewusst, sympathisch – typisch Kibler.

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Dr. Regina Schick, die Vorsitzende des Vereins LeseZeichen, begrüßte Michael Kibler zur Lesung im Rothaha-Saal der Rödermärker Stadtbücherei.
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