Gemarkungsbegehung als informativer Waldspaziergang

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An einem herrlich-sonnigen Herbstmorgen durch den lichtdurchfluteten Urberacher Forst streifen, dabei ebenso nützliche wie lehrreiche Informationen zum Wald und zur Forstwirtschaft sammeln – diese Möglichkeit nutzten am vergangenen Samstag rund 60 Rödermärkerinnen  und Rödermärker bei der traditionellen Gemarkungsbegehung. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Roland Kern führte Revierförsterin Gabriele Rutschmann-Becker – sie kümmert sich seit 2011 um den Rödermärker Stadtwald – die Gruppe vom Reiterhof Kreis in einem großen Bogen vorbei an der jahrhundertealten und heute noch mit alten Grenzsteinen gekennzeichneten Gemarkungsgrenze, die heute den Urberacher vom Offenthaler Wald trennt, wieder zurück zum Ausgangspunkt.

Vorher erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass der Urberacher Teil des Stadtwaldes eine Fläche von 1071 Hektar umfasst und dass auf den vorwiegend sandigen Böden vor allem die Kiefer wächst – ihr Anteil am Baumbestand beträgt fast 70 Prozent, der von Eiche und Buche jeweils rund 11 Prozent. Dass der Sturm vor wenigen Wochen auch im Urberacher Wald gewütet hat – auch darauf ging die Försterin beispielhaft ein.

Unterwegs präsentierte Rutschmann-Becker verschiedene „Waldbilder“: An einer lichten Stelle mit hochgewachsenen, etwa 150 Jahre alten Kiefern erläuterte sie, wie hier durch natürliche Verjüngung dafür gesorgt wird, dass der Nachwuchs für die kommenden Generationen gedeihen kann. Dabei muss der Natur ein wenig auf die Sprünge geholfen werden: Der Waldboden inklusive der Humusschicht wird abgetragen; den darunter liegenden mineralstoffreichen Boden brauchen die Kiefernsamen, um anwachsen zu können.

Direkt gegenüber hat Rutschmann-Becker Douglasien gepflanzt; die Bäumchen werden durch Plastikhüllen vor Wildverbiss geschützt. Diese Baumart kann längere Trockenphasen, wie sie der Klimawandel wohl häufiger mit sich bringen wird, problemlos überstehen. Allerdings gibt es Einschränkungen für die Anpflanzung der Douglasie: Es dürfen keine größeren Flächen damit bestückt werden. Grund: Die Stadt lässt ihren Waldbestand nach den FSC-Richtlinien zertifizieren – wie auch das Land und viele Kommunen in Hessen. Das FSC-System zur Zertifizierung von Forstwirtschaft wurde gegründet zur Sicherung der nachhaltigen Waldnutzung; diese beinhaltet die Wahrung und auch Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Funktionen der Forstbetriebe. Neben den Beschränkungen für gewisse Baumarten, die für unsere Regionen nicht typisch sind, müssen für das Zertifikat noch andere Bedingungen erfüllt werden: Mindestens 5 Prozent des Waldes müssen stillgelegt werden – hier soll sich artenreicher „Urwald“ entwickeln können, der typisch für die Region ist. Auch die Kennzeichnung sogenannter „Habitatbäume“ – alte Bäume, Bäume mit auffälligen Wuchsformen, besonders schöne Bäume – verlangt das Zertifikat. Mindestens zehn Bäume pro Hektar müssen der Natur überlassen bleiben.

Wie unterschiedlich die Lebensbedingungen im Wald sein können, zeigte Rutschmann-Becker an einer anderen Stelle, die sich durch ihr saftiges Grün von der Umgebung abhob: ein Feuchtgebiet, wo die Buche günstige Lebensbedingungen findet und sich auf natürliche Weise verjüngen kann.

Auch auf Historisches wies die Försterin hin: An der Gemarkungsgrenze zu Offenthal zeigte sie einen uralten Grenzstein – was heute den Waldbestand zweier Kreiskommunen trennt, geht zurück auf eine Schenkung des Kaisers an das Kloster Lorsch im 9. Jahrhundert. Noch weiter zurück liegt die Zeit der Hügelgräber. Darauf deutet die Hügelschneise hin, auf der die Gruppe einen Teil des Wegs zurücklegte. Dreizehn dieser Gräber konnten in einem Waldareal mit modernen wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen werden. Die genauen Standorte behielt Rutschmann-Becker aber für sich.

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