Eine Geschichte, die nicht gut ausgeht

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Herausragender Roman, herausragende Lesung: Eva Rottmann stellte in der Kelterscheune ihr mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnetes Werk „Kurz vor dem Rand“ vor

Dass die Geschichte von Ari und ihrer ersten Liebe nicht gut ausgehen wird, das erfährt der Leser und Hörer gleich am Anfang. Wie das kommt und warum das wohl nichts wird mit Ari und Tom, dem neuen Jungen im Skatepark, den sie zunächst überhaupt nicht ausstehen kann – das verrät Eva Rottmann nicht. Dazu müsse man den Roman schon selbst zu Ende lesen. Was während der knappen Stunde ihrer Lesung in der Kelterscheune aber deutlich geworden ist: warum „Kurz vor dem Rand“, diese Coming-of-Age-Geschichte aus der Skateszene, im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Jenny Roters, der Leiterin der Stadtbücherei, war es gelungen, dieses literarische Highlight, das ins Programm des vom Frankfurter Literaturhaus organisierten Festivals „STADT, LAND, BUCH“ eingebettet ist, für Rödermark an Land zu ziehen.

Selten ist man in so kurzer Zeit so tief in eine Geschichte hineingesogen worden – so ging es am Montagnachmittag wohl den meisten, die in die Kelterscheune gekommen waren. Es waren leider nur wenige, die sich dieser Erfahrung aussetzten. Zum Bedauern von Jenny Roters, der Leiterin der Stadtbücherei. Das Wetter? Der Zeitpunkt kurz vor den Ferien? Die Uhrzeit? Vielleicht, aber sicher nicht die künstlerische Qualität dieser Prosa. „Ein herausragender Coming-of-Age-Roman, der Jugend in all ihren Facetten ernst nimmt“, hieß es in der Nominierung für den Jugendliteraturpreis.

Jeden Tag trifft sich eine Gruppe von Freunden zum Skaten auf den Rampen eines Skatepark, für Ari, die Protagonistin, eine lebensrettende Aktivität. Sie kann sich kaum an ein Leben ohne Skateboard erinnern. Hier können die noch nicht ganz Erwachsenen ihrer Lust auf Tempo und ihren widersprüchlichen Gefühlen freien Lauf lassen. Elternhaus, Schule, erste Liebe, hormonelles Chaos, Glück und Tragödie, (fragliche) Geschlechterrollen: Eva Rottmann – Jahrgang 1983, geboren in Würzburg und aufgewachsen in Wertheim – blickt mit Humor und viel Einfühlungsvermögen auf einen bunt schillernden Kosmos. Sie schreibt einfühlsam über die Höhen und Tiefen des Teenagerlebens, skizziert ihre Protagonisten in temporeichen und humorvollen Dialogen, nah an der Alltagssprache der Jugendlichen.

Ebenso authentisch kommt Rottmanns Erzählstimme rüber. Sie ist eine ideale Leserin für Aris jugendlich-schnoddrigen Erzählton. Zwischendurch interpretiert die Autorin ihr Werk, beleuchtet ihre Figuren, kritisiert sie, auch Ari – sie kommt dem Zuhörer dadurch noch näher. Eine rege genutzte Frage-und-Antwort-Runde mit dem Publikum beschließt den Nachmittag. Fazit: Nicht nur ein herausragender Roman, sondern auch eine herausragende Lesung. Vor viel zu wenigen Zuhörern.

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