Der Initiative von Klaus-Joachim Rink, Mitglied im Heimat- und Geschichtsverein, ist es zu verdanken, dass eine Lücke in der Erforschung der Geschichte Rödermarks im sogenannten „Dritten Reich“ geschlossen werden kann. Mit Unterstützung der Stadt hat der Enkel des von den Nazis verfolgten Urberacher SPD-Landtagsabgeordneten Aloys Georg Rink ein Buchprojekt auf den Weg gebracht, das den Widerstand in Ober-Roden und Urberach gegen die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten erstmals detailliert darstellt. Unter dem Titel „Verfolgung und Repression während der NS-Gewaltherrschaft in Ober-Roden und Urberach. Widerstand in Rödermark 1933 bis 1945“ versammelt es Beiträge von Rink und anderen Autorinnen und Autoren. Die Texte sind schon verfasst. Wenn sie lektoriert sind, geht das Buch in den Druck. Erscheinen soll es im Sommer.
Rink selbst versteht sein Werk als Ergänzung der grundlegenden Dokumentation von Egon Schallmayer und Jörg Leuschner, „Ober-Roden und Urberach im Dritten Reich“. Die Bedeutung des mehr als 500 Seiten starken Buches aus dem Jahr 1998, dessen Erarbeitung die Stadtverordnetenversammlung einst beschlossen hatte, hebt er im Vorwort seines Bandes ausdrücklich hervor. Es sei eine „umfassende Darstellung des örtlichen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Milieus“, das die Jahre von 1933 bis 1945 in den beiden Altorten von Rödermark prägte. Der Systematik der Publikation sei es aber geschuldet gewesen, dass Personen des Widerstands im geschichtlichen Zusammenhang dargestellt worden seien und keine eigenen Kapitel erhielten.
Hier setzte Rink mit seinem Projekt an. Er stellt rund 100 Menschen mit Bild und Kurzbeschreibung vor, die Widerstand geleistet haben. Hierbei handelt es sich um 80 im Schallmayer-Leuschner-Buch namentlich erwähnte ehemalige Mitbürger sowie um 15 weitere Personen, deren Schicksale aus neu aufgetauchten Prozessakten rekonstruiert werden konnten. Hinzu kommen Opfer der Nazis, von denen in der Öffentlichkeit bislang nichts bekannt war. Zu ihnen gehören beispielsweise fünf Menschen aus Rödermark, die im Rahmen des Programms der Nazis zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“, der so genannten „Euthanasie“, ermordet wurden. In diesem Zusammenhang fordert Rink, „weitere Stolpersteinverlegungen in Erwägung“ zu ziehen.
Exemplarisch für die politischen Verhältnisse und Ereignisse im 20. Jahrhundert stehen laut Rink die Schilderungen des Urberacher Bürgers Martin Wolfenstädter, auf den auch im Schallmayer-Leuschner-Buch von 1998 eingegangen wurde. Mit dem Abdruck von dessen Erinnerungen werde sein Widerstand gegen das Nazi-Regime in besonderer Weise gewürdigt.
Neben den Rödermärker Kapiteln enthält der Band, den Rink als „Gedenkbuch“ bezeichnet, umfassende Informationen zum KZ Osthofen bei Worms, wo, so Rink, auch „gestandene und angesehene Männer aus unseren Gemeinden“ kurz nach der Machtergreifung der Nazis für vier bis sechs Wochen interniert wurden. „Sie sollten unter Kontrolle gebracht und diszipliniert werden, damit die neuen NS-Gemeinderäte schalten und walten konnten wie sie wollten“, erläutert dies Rink. Verfasst wurde dieses Kapitel von Angelika Arenz-Morch, der Leiterin der dortigen Gedenkstätte. Ein weiterer Abschnitt widmet sich dem Arbeitslager Rollwald an der Gemarkungsgrenze von Ober-Roden. Andreas Winterhalder hat in Absprache mit Dr. Heidi Fogel einen Auszug aus deren Buch „Das Lager Rollwald – Strafvollzug und Zwangsarbeit 1938 bis 1945“ verfasst.
Bürgermeister Jörg Rotter dankt Klaus-Joachim Rink ausdrücklich für sein Engagement und seine Leistung: „Die Aufarbeitung der Geschichte des Widerstands von 100 Menschen aus Urberach und Ober-Roden ist ein wichtiger Beitrag in der Auseinandersetzung mit unserer deutschen Geschichte. Der Autor beschreibt den Mut und die Entschlossenheit von Männern und Frauen, die der Bedrohung durch das Regime trotzten und dies zum Teil mit ihrem Leben bezahlen mussten. Sie sind für uns und für die, die uns folgen, Mut machende und inspirierende Vorbilder. Sie zeigen uns, dass wir täglich eintreten müssen für Respekt und Toleranz und dass wir nicht schweigen dürfen, wenn uns Rassismus und Antisemitismus begegnen. Mein herzlicher Dank gilt Klaus-Joachim Rink und seinem Autorenteam!“
Am Ende seines Vorworts hebt Rink noch einmal die Bedeutung der Demokraten und „Antinazis“ auch in Ober-.Roden und Urberach hervor, die die Grundlage für unsere heutige Demokratie gelegt hätten. Dieser Menschen müsse in angemessener Weise gedacht werden. Deshalb fordert Rink, dass die „Gedenkkultur“ in Rödermark um ein „Widerstandsdenkmal“ ergänzt wird.