Kostspielige Aufgaben trotz Corona-Rezession

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Was Bund und Land gesetzlich übertragen, kostet die Stadt aktuell rund 36,7 Millionen Euro pro Jahr – Mindereinnahmen von 3,5 Millionen Euro aufgrund von Corona – Vergnügungssteuer wird in diesem Jahr vermutlich gar nicht fällig

Die Zahlen, die Bürgermeister Jörg Rotter im Rahmen seiner Magistratsmitteilungen zu Beginn der Juni-Sitzung der Stadtverordneten vortrug, waren erschreckend: Vor dem Hintergrund eines dramatischen Wirtschaftseinbruchs in Folge der Corona-Pandemie wird die Stadt Rödermark in diesem Jahr wohl rund 3,5 Millionen Euro weniger einnehmen als geplant. Die Finanzverwaltung hatte Prognosen einer bundesweiten Steuerschätzung Mitte Mai und Zahlen des Hessischen Finanzministeriums auf die kommunale Ebene heruntergerechnet. Aktuellere Zahlen gibt es derzeit nicht.

Die Finanzexperten des Landes erwarten einen drastischen Rückgang bei den beiden kommunalen Haupteinnahmequellen, dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer. Das erwartete Minus von rund 7 Prozent bei der Einkommensteuer bedeutet für Rödermark Mindereinnahmen von rund 1,7 Millionen Euro, der prognostizierte Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen um rund 25 Prozent schlägt sich hier mit 1,8 Millionen Euro nieder. Ein Hoffnungsschimmer sind die Ankündigungen von Bund und Land, die Gewerbesteuerausfälle zu ersetzen. Ob die Erstattungen ausreichen, um die gesetzlichen Aufgaben erledigen und in der gewohnten hohen Qualität anbieten zu können, bleibt abzuwarten.

Denn eine Kommune wie die Stadt Rödermark mit knapp 30.000 Einwohnern hat vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Alleine die durch Gesetze oder Weisungen von Bund und Land übertragenen Aufgaben kosten die Stadt aktuell rund 36,7 Millionen Euro pro Jahr. Der größte Kostenfaktor ist die Kinderbetreuung. „Hier bieten wir eine hohen Standard“, betont Erste Stadträtin und Sozialdezernentin Andrea Schülner. „Wir haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Kitas neu gebaut oder modernisiert. Hier arbeiten Erzieherinnen, die hoch motiviert sind und einen tollen Job machen.“ Das hat seinen Preis: Kita-Plätze und Plätze für die Schulkindbetreuung verursachen 2020 Kosten von etwa 15 Millionen Euro, die zum Teil von Bund, Land und Kreis und von den Eltern mitfinanziert werden. Allerdings verbleiben bei der Stadt nach Abzug der Elterngebühren und Zuweisungen noch rund 6.000 Euro an ungedeckten Kosten für jeden Betreuungsplatz in der Kita und etwa 2.000 Euro für jeden Platz in der Schulkindbetreuung. Jedes Mittagessen muss mit 3,70 Euro subventioniert werden.

Für die Kinderbetreuung stehen der Stadt keine zweckgebundenen Einnahmen zur Verfügung. Diese wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, deren Erfüllung von den Kommunen wie selbstverständlich erwartet wird, muss aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden: dem Aufkommen aus dem Einkommensteueranteil, der Gewerbesteuer oder der Grundsteuer B. Kämmerin Andrea Schülner und Bürgermeister Jörg Rotter verteidigen in diesem Zusammenhang noch einmal die Erhöhung der Grundsteuer B rückwirkend ab Jahresbeginn als angemessen und für eine solide Finanzplanung unabdingbar. „Im Vergleich und in der Summe ist sie nicht so exorbitant hoch, wie dies vielfach dargestellt wurde“, so Rotter und Schülner unisono. Auch die zum Juli neu eingeführte Vergnügungssteuer diene dem Zweck, wichtige Aufgaben wie die Kinderbetreuung finanzieren zu können. Allerdings wurden die steuerpflichtigen Betriebe in diesem Bereich bislang noch gar nicht zu Zahlungen herangezogen. Möglicherweise werden diese Einnahmen im laufenden Jahr sogar komplett ausbleiben. Denn aufgrund der Corona-Vorschriften dürfen die Betriebe bis auf weiteres keine vergnügungssteuerlichen Veranstaltungen durchführen. Somit ist auch keine Vergnügungssteuer zu entrichten.

Trotz der Löcher in der eigenen Kasse haben Magistrat und Stadtparlament seit Beginn der Corona-Krise alles getan, um Betriebe und Haushalte so gut wie möglich zu unterstützen. So wird die Erhöhung der Grundsteuer für die ersten drei Quartale erst am 1. Oktober fällig, „eine sozialverträgliche Lösung“, so Andrea Schülner. Um die Unternehmen so gut wie möglich durch die Krise zu bringen, hatten Schülner und Bürgermeister Rotter schon vor einigen Wochen mit der städtischen Finanzverwaltung eine Reihe von Möglichkeiten abgesprochen, wie mit dem Kostenfaktor Gewerbesteuer umgegangen werden kann. Sollte die wirtschaftliche Schieflage eines Unternehmens durch die Krise so groß werden, dass die Gewerbesteuer nur noch in Teilen oder gar nicht mehr geleistet werden kann, besteht die Möglichkeit, Ratenzahlung oder Stundung zu beantragen. Außerdem verzichtet die Stadt Rödermark vorübergehend auf Mahnung und Beitreibung der aus der Krise entstandenen Zahlungsrückstände. Und wenn sich durch eine veränderte wirtschaftliche Situation bei den Unternehmen Änderungen bei der Gewerbesteuervorauszahlung ergeben, kann ein Antrag auf Herabsetzung der Gewerbesteuer gestellt werden.

 

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