Wie ist das mit dem Abwasser? Wo läuft es hin, wenn ich auf der Toilette den Spülknopf gedrückt habe? Was passiert damit? Wie wird es gereinigt? Antworten auf solche Fragen gab es am vergangenen Samstag auf der Rödermärker Kläranlage. Dort wurde nämlich Jubiläum gefeiert: Vor 50 Jahren nahm die gemeinsame Gruppenkläranlage der damals noch selbstständigen Gemeinden Ober-Roden und Urberach ihren Betrieb auf. Und zum Programm des gut besuchten Tages der offenen Tür gehörten jede Menge Informationen: auf Schautafeln, per QR-Codes, bei Führungen im 30-Minuten-Takt und in Gesprächen mit den Mitarbeitern.
Bürgermeister Jörg Rotter hob die großen Anstrengungen hervor, die die Stadt mit dieser immer wieder modernisierten Anlage für den Umweltschutz unternehme. Dies müsse auch so sein, um zukunftsfähig zu bleiben und den kommenden Generationen saubere Gewässer zu hinterlassen. Und das Jubiläum einer solch segensreichen Einrichtung dürfe auch mit Recht gefeiert werden.
Welche Reinigungsstufen das Abwasser in der Kläranlage durchläuft und welche Grenzwerte beim Einleiten des gesäuberten Wassers in die Rodau zu beachten sind: Das alles und vieles mehr im Hinblick auf aktuelle Anforderungen und Wetterphänomene (Stichworte: Starkregen, Kanalnetz) erfuhren die Gäste bei den Rundgängen aus nächster Nähe.
Zur Feier des Tages gab es Musik und Unterhaltung, für das leibliche Wohl war ebenfalls bestens gesorgt. Eine Kunstaktion sorgte für optische Akzente der besonderen Art. Zu Gast waren kreative Köpfe der IG Farbschicht, einer Interessengemeinschaft für Graffiti- und Street-Art-Künstler. Die Gruppe besprühte die Eindicker-Türme am Haupteingang. Farbenfrohe Motive aus der Unterwasserwelt bringen nun weithin sichtbar die verschiedenen Etappen auf dem Weg vom schmutzigen zum sauberen Wasser zum Ausdruck. Dass der Tag zu einem Fest für die ganze Familie wurde, dazu trugen auch die „Zauberschmiede“ bei: Hier konnten Kinder – feuerfest ausgerüstet – selbst zum Schmiedehammer greifen und altem Eisen neues Leben einhauchen.
Schon früh erkannten die Verantwortlichen in den damals noch selbstständigen Gemeinden Ober-Roden und Urberach die Notwendigkeit eines wirksamen Gewässerschutzes. Mit der Gründung des Abwasserverbandes „Obere Rodau“ im Jahre 1966 trafen sie eine weitsichtige und zukunftsorientierte Entscheidung. Noch im Gründungsjahr wurden die ersten Planungsaufträge für die Kanalisation und die Kläranlage vergeben. Das Projekt „Abwasseranlage Rödermark“ konnte angegangen werden.
Am 16. August 1974 wurde die Kläranlage Ober-Roden dann in Betrieb genommen. Rund 18 Millionen Mark waren investiert worden. Davon entfielen rund 9,7 Millionen auf die Kläranlage und sonstige Bauten, knapp 6 Millionen mussten für die Sammelkanäle in Ober-Roden ausgegeben werden und rund 2,3 Millionen für die entsprechenden Kanäle in Urberach. Etliche Millionen Euro sind seitdem investiert worden, weitere Ausgaben in Millionenhöhe stehen an.
Zur Kläranlage Rödermark fließen rund 3,6 Millionen Kubikmeter Abwasser pro Jahr, also Regenwasser plus Schmutzwasser aus den Haushalten und Gewerbebetrieben. Die Anlage kann das Abwasser von bis zu 38.000 Einwohnern (inklusive Gewerbebetriebe) reinigen. Die Reinigung erfolgt in drei Stufen: Einer mechanischen Vorbereitung folgen eine biologische und eine chemische Bearbeitung. Phosphate und Nitrate werden so weit wie möglich entfernt. Die Reststoffe werden verwertet. Rund 35 Tonnen Sand pro Jahr, 80 Tonnen Rechengut und 1750 Tonnen Klärschlamm fallen an. Die Verwertungskosten liegen jährlich bei 220.000 Euro.
Die Anlage hat einen Strombedarf von rund 1,2 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Zum Vergleich: Ein 4-Personen-Haushalt verbraucht etwa 4.000 Kilowattstunden pro Jahr. Das anfallende Faulgas aus dem Faulturm – rund 280.000 Kubikmeter pro Jahr – wird in einem Blockheizkraftwerk daneben durch einen Generator in Strom umgewandelt. Etwa 550.000 Kilowattstunden können so erzeugt werden. Das senkte die Stromkosten 2023 um rund 360.000 Euro.
Die als Nebenprodukt anfallende Wärme des Motors wird zum Aufheizen des Faulbehälters sowie zur Beheizung der Betriebsgebäude genutzt.