„So funktioniert Europa!“

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Berührende Tage mit fast 150 Gästen aus Polen und Ungarn – Rückverschwisterung mit Pleśna unterzeichnet

Vor sechs Jahren lernte man sich in Bodajk, der gemeinsamen Partnerstadt, kennen, fand sich gleich sympathisch und war sich einig, dass sich mehr aus diesen zarten freundschaftlichen Banden entwickeln sollte. Vor zwei Jahren wurde das Band dann offiziell geknüpft, die Partnerschaft zwischen Rödermark und der polnischen Stadt Pleśna dort besiegelt. Am vergangenen Samstag ist mit der Rückverschwisterung der letzte Akt des Prozederes vollzogen worden. Bürgermeister Jörg Rotter und sein Amtskollege Jozéf Knapik unterzeichneten die Urkunden und erweiterten die Beziehungen zwischen Rödermark und Bodajk endgültig zu einem europäischen Dreieck. Darüber freute sich natürlich auch Bürgermeister Lóránt Wurczinger, der mit einer Delegation von fast 90 Bodajkerinnen und Bodajkern zum großen Partnerschaftswochenende gekommen war.

„Der deutsch-polnische Austausch hat sich hinzugesellt zur altbewährten Kontaktpflege, die Rödermark mit Bodajk, Saalfelden in Österreich und Tramin in Italien verbindet“, sagte Bürgermeister Rotter vor der Unterzeichnung. „Ich glaube, wir auf der kommunalen Ebene zeigen mit unserer vertrauensvollen Zusammenarbeit ganz vorbildlich und beispielhaft, was auf unserem Kontinent möglich ist!“ Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs rühre es ihn ganz besonders, „dass uns von polnischer Seite die Hand zum Miteinander ausgestreckt wurde“. Sein Amtskollege Knapik wertete die Rückverschwisterung als „ein Symbol unserer Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit, zur gegenseitigen Unterstützung und zum Aufbau starker, dauerhafter Beziehungen”. Es gelte, in einem vereinten, demokratischen Europa zusammenzuarbeiten, um den Frieden zu stärken.

Eingebettet waren die Formalitäten in einen gar nicht akademischen Verschwisterungsabend voller kultureller Höhepunkte. Dafür sorgte von Rödermärker Seite die erstklassige Big Band des MV 08 Ober-Roden. Zur 50-köpfigen Delegation aus Pleśna gehörten die „Plesniaki“, eine Folklore-Männergruppe, und der Chor der Kleinstadt, die den Saal mit ihren frischen Liedern und ihrer spürbaren Begeisterung am Musizieren und Singen mitrissen. Typische ungarische Musik auf fast schon professionellem Niveau: Dafür steht die Folkband „3FaluBanda“, die Bassist Ferenc Kozma, Bodajker Lehrer und musikalischer Tausendsassa, vor einigen Jahren ins Leben gerufen hat. Und Kozma hat Bodajker Kinder und Jugendliche zum Volkstanz „verführt“. All das trägt mittlerweile die schönsten Früchte – zu sehen in Form von getanzten Szenen aus dem alten Ungarn, in denen sich Gesang, Volkstanz, Akrobatik und Ballett berühren. Da wird gezeigt, was ein echter Csárdás ist, da wird mit Fingerschnippen und Stiefeltritten der Regen imitiert. Die jungen Leute von Kozmas Vorzeigetruppe sorgen jedesmal für Gänsehautmomente. Dafür dankte Bürgermeister Rotter Ferenc Kozma vor dem ganzen Haus ausdrücklich.

Eingebettet waren die Formalitäten aber auch in ein ganzes Wochenende, das aufs Schönste die Hoffnungen von Bürgermeister Rotter erfüllte. „Polnische, ungarische und deutsche Beiträge fließen ein, ergänzen und befruchten sich. Daraus, das haben wir bei solchen Konstellationen schon häufig erlebt, ergeben sich ganz wunderbare Momente der Nähe und der gegenseitigen Wertschätzung. Augenöffner, Brückenbauer und Herzensbotschafter: Das alles können wir füreinander sein.“ So hatte es Rotter in seiner Ansprache zur Rückverschwisterung formuliert, so kam es.

Als „tolles Startsignal“ wertete der Bürgermeister die Tatsache, dass die beiden Busse aus Bodajk und der aus Pleśna fast zeitgleich auf dem Festplatz in Urberach angekommen waren. Nach den Begrüßungsworten, einer kleiner Stärkung und Interviews mit OF-TV ging es für die Ungarn zu ihren privaten Gastgebern, die jungen Tänzerinnen und Tänzer waren in der MTV-Sporthalle, die Gäste aus Polen in Hotels und im Sportheim der Germania untergebracht. Lange ausruhen war aber nicht. Am späten Nachmittag stand zunächst eine ökumenische Andacht in der Weidenkirche auf dem Programm. Danach ging es über den Oberwiesenweg zu den Kleingärtnern, wo ein entspannter, fröhlicher deutsch-polnisch-ungarischer Abend gefeiert wurde, der für manche spät endete. Musik gab es vom Jazzclub-Quartett, nicht geplante, aber umso erfrischendere Musik- und Tanzbeiträge und Mitsingangebote steuerten die Gäste bei.

Die ausgelassene Stimmung wurde in den Samstag mitgenommen. Für die Polen ging es in die neue Frankfurter Altstadt, die Ungarn erkundeten unter Führung von Thomas Mörsdorf, dem Leiter des Fachbereichs Kultur, Heimat und Europa, Darmstadt. Spontanes Musizieren, Singen und Tanzen der Jugend zauberte allen Mitläufern und Passanten ein Lächeln ins Gesicht – ob auf der Rosenhöhe, auf dem Weg zur Mathildenhöhe oder in der Rotunde vor der russischen Kapelle. Finaler Höhepunkt: Nach dem Mittagessen „rockten“ die jungen Ungarn den Grohe-Biergarten. Selbst die Bedienungen konnten sich den Aufforderungen zum Tanz nicht entziehen.

Ein Festgottesdienst wurde am Sonntag in St. Gallus gefeiert. Am Abend bot der Dinjerhof die stimmungsvolle Kulisse für einen rundum gelungenen Abschluss samt Jazz von den Frankfurt Swing All Stars, die der Jazzclub für seine öffentliche Veranstaltung verpflichtet hatte. Dass zu den All Stars der Weltklassesaxophonist und ehemalige HR-Musiker Tony Lakatos, ein gebürtiger Ungar, gehört, fügte sich bestens. Dass zu ihrer Musik junge Leute ausgelassen tanzen: das dürfte den Frankfurter Swing-Legenden noch nicht oft widerfahren sein. Ein improvisierter Auftritt von Folkband und Volkstanzgruppe konnte nicht ausbleiben.

Am Montag nach der Abschiedsandacht in St. Gallus und der Abfahrt der Gäste blickte Bürgermeister Rotter „dankbar zurück auf emotional berührende, wertvolle Tage“, in denen die Beziehungen von Mensch zu Mensch im Mittelpunkt gestanden hätten. „So funktioniert Europa!“ Wie man Europa miteinander voranbringe, „das wissen wir in den Kommunen am allerbesten“. Dankbar sei er auch für die „kulturellen Schätze“, die die Freunde im Gepäck gehabt hätten. Rotter bekräftigte, was er schon am Samstagabend gesagt hatte: Es gelte, diese Partnerschaften noch mehr für die Jugend zu öffnen, ihnen europäische Perspektiven zu vermitteln. Er regte noch einmal ein Fußballturnier für Kindermannschaften aus den Partnerstädten an.

Thomas Mörsdorf, Leiter des Fachbereichs Kultur, Heimat und Europa, der das Wochenende organisiert hatte, fasste seine Eindrücke so zusammen: „Unsere Gäste aus Bodajk und Pleśna und wir Rödermärker haben die Chance genutzt, einander noch besser kennenzulernen und zu verstehen. Für mich bedeutet das die Einlösung des Versprechens eines geeinten Europas auf lokaler Ebene. Dafür lohnt es sich zu arbeiten!“

Was Gäste und Gastgeber nach diesem Wochenende mitnahmen: Die Gewissheit, dass die Partnerschaft mit Bodajk emotional tief gefestigt sind. Das zeigten wieder die Freudentränen bei der Ankunft, das gemeinsame Lachen und die Gespräche in den Gastfamilien über alle Sprachgrenzen hinweg, die Fähigkeit, unbeschwert miteinander bis tief in die Nacht feiern zu können, die Tränen zum Abschied. Es sind die persönlichen Freundschaften und Kontakte, die der Partnerschaft zwischen Rödermark und Bodajk ihr ganz besonderes Gepräge verleihen. So soll es sich auch mit Pleśna entwickeln.

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