Zwei öffentliche Veranstaltungen zum Holocaust-Gedenktag in Rödermark

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Stadt und Nell-Breuning-Schule laden am 27. Januar ein: Vortrag in der NBS, Ausstellung im Bücherturm

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages wollen die Stadt Rödermark und die Oswald-von-Nell-Breuning-Schule (NBS) wieder Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit der schlimmsten Phase der deutschen Geschichte geben. Schule und Stadt laden an diesem Tag (27. Januar) zu zwei öffentlichen Veranstaltungen ein: Um 10 Uhr beginnt im Foyer des „Roten Oswalds“ ein Vortrag zum Thema „Antisemitismus heute“; um 18 Uhr wird im Bücherturm eine Ausstellung zum Thema „Gewerkschafter im Konzentrationslager Osthofen 1933/34“ eröffnet.

Jüngste Ereignisse zeigen, dass Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft weiterhin verbreitet ist, zunimmt und immer deutlicher und ungehemmter zutage tritt. „Diesen Entwicklungen gilt es entschlossen und wissend entgegenzutreten, aufzuklären, zu informieren und ein tolerantes Miteinander zu fördern“, erläutert Andreas Zies, der die verschiedenen Aktivitäten der NBS zum Holocaust-Gedenktag organisiert hat. An der Schule wird man sich wieder intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. In diesem Jahr werden mehrere Jahrgänge dies in verschiedener Form tun.

Zum einen werden zwischen dem 28. und 30. Januar in Zusammenarbeit mit der Bildungsstätte Anne Frank Workshops für die 10. Klassen veranstaltet. Die Workshops mit dem Titel „Antisemi-Was?“ beschäftigen sich während eines Vormittags mit dem Kampf und dem Engagement gegen Antisemitismus. Des Weiteren ist für den 22. Januar eine Begegnung im Religionsunterricht der Stufe 11 mit zwei Mitarbeiterinnen von „Rent a Jew“ organisiert, bei der es darum geht, miteinander ins Gespräch zu kommen und eben nicht über, sondern mit jüdischen Mitbürgern zu sprechen. So können die Schülerinnen nud Schüler einen authentischen und individuellen Zugang bekommen und haben die Chance, vielfältige und vielschichtige Mitmenschen zu erleben, aber auch die Alltagsrealität in Deutschland aus deren Perspektive kennenzulernen.

Außerdem ist noch eine Veranstaltung geplant, zu der neben dem 13. Jahrgang auch die Rödermärker Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist. Am Montag, dem 27. Januar, wird ein Vertreter der Bildungsstätte Anne Frank einen Vortrag zum Thema „Antisemitismus heute“ halten. Auch hierbei geht es selbstverständlich darum, über die aktuelle Situation zu informieren sowie antisemitischen und rassistischen Tendenzen entschlossen entgegenzutreten und das „Nie-Wieder“ zu gewährleisten. Umrahmt wird der Vortrag durch eine szenische Interpretation des Theaters Nedelmann. Oliver Nedelmann arbeitet seit den Herbstferien mit Jugendlichen von verschiedenen Schulen an diesem Thema und präsentiert Auszüge aus dem künftigen Stück. Die Veranstaltung beginnt um 10 Uhr im Foyer des Gebäudes „Roter Oswald“ an der Kapellenstraße 12.

Zur Eröffnung der Ausstellung „Gewerkschafter im KZ Osthofen“ lädt der Magistrat für den 27. Januar um 18 Uhr in die Stadtbücherei Rödermark (1. Stock) ein. Werner Hartl, Vorstandsmitglied im „Studienkreis Deutscher Widerstand 1933 -1945“ und Bildungsreferent im IG-Metall-Bildungszentrum Lohr am Main, wird in die Ausstellung einführen. Zweiter Redner ist Klaus-Joachim Rink, Enkel des von den Nazis verfolgten Urberacher SPD-Landtagsabgeordneten und Gewerkschafters Aloys Georg Rink und Mitglied im „Studienkreis Deutscher Widerstand“. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Ausstellung vom 27. bis 31. Januar in Rödermark gezeigt werden kann.

Vor knapp einem Jahr wurde das biografische Handbuch „Gewerkschafter im Konzentrationslager Osthofen 1933/34“ vorgestellt. Der Sammelband enthält 58 Biografien verfolgter Gewerkschaftsfunktionäre und betrieblicher Interessenvertreter, die 1933/34 im KZ Osthofen inhaftiert waren. Begleitend zu diesem Handbuch wurde eine Ausstellung konzipiert: Auf 13 Bannern werden verfolgte Gewerkschafter exemplarisch porträtiert. Die Ausstellung war bis April in der Gedenkstätte KZ Osthofen zu sehen und kann seitdem als Wanderausstellung ausgeliehen werden. In Rödermark werden acht dieser Banner gezeigt. Eines ist dem in Ober-Roden geborenen Gewerkschafter und Reichstagsabgeordneten Wilhelm Weber gewidmet.

 

Nach der Machtergreifung der Nazis begann im Frühjahr 1933 die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Zahlreiche Gewerkschaftsfunktionäre wurden in den neugeschaffenen Konzentrationslagern wie in Osthofen in angebliche „Schutzhaft“ genommen. Das Konzentrationslager Osthofen nahm 1933/34 eine Schlüsselstellung bei der Verfolgung der politischen und gewerkschaftlichen Opposition im Volksstaat Hessen ein. Maßgeblich verantwortlich dafür war der damalige Polizeipräsident für den Volksstaat Hessen, der NS-Jurist Dr. Werner Best. Trotz des NS-Terrors schlossen sich nicht wenige ehemals gewerkschaftlich Organisierte in Widerstandsgruppen zusammen. Viele von Ihnen wurden Opfer der NS-Herrschaft.

 

Zu Wilhelm Weber (geb. am 4. Februar 1876 in Ober-Roden) heißt es auf Wikipedia:

Wilhelm Weber war der Sohn des Fabrikarbeiters Wilhelm Weber und dessen Frau Barbara, geborene Deller. Verheiratet war er mit Eva, geborene Eyßen. Weber besuchte von 1882 bis 1890 die Volksschule in Ober-Roden. Im Anschluss machte er bis 1892 eine Lehre zum Metallschleifer und ging danach auf Wanderschaft. 1896 trat er der SPD bei und musste im selben Jahr seinen Militärdienst ableisten. Nach seiner Rückkehr 1898 arbeitete er bis 1907 als Metallarbeiter. Von November 1907 bis 1920 war er Geschäftsführer des Metallarbeiterverbands in Offenbach, lediglich unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg, an dem er von 1914 bis 1917 teilnahm. Im Jahr 1914 war er Vorstandsmitglied der SPD und zugleich Vorsitzender der Verwaltungskommission der Volksfürsorge in Offenbach geworden. Während dieser Zeit war er außerdem von 1913 bis 1919 Stadtverordneter in Offenbach.

Weber leitete ab November 1918 im Arbeiter- und Soldatenrat Offenbachs den Militärrat. Gegen den Kapp-Putsch 1920 bildete er einen Aktionsausschuss, der eine Kundgebung in Offenbach mit 20.000 Teilnehmern organisierte. Von 1920 bis 1924 war Weber angestellter Revisor des Metallarbeiterverbands für das Reichsgebiet und danach bis 1933 Gewerkschaftssekretär des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes und Vorsitzender des Gewerkschaftskartells in Offenbach. Auch während dieser Zeit war er von 1926 bis 1930 erneut Stadtverordneter in Offenbach und von 1927 bis 1933 Vorsitzender des SPD-Landesvorstands in Hessen. 1924 bis zu seiner Wahl in den Reichstag 1931 gehörte er dem Landtag des Volksstaates Hessen an. Vom 2. Januar 1931 bis zum 22. Juni 1933 war er für den Wahlkreis 33 (Hessen-Darmstadt) Abgeordneter im Deutschen Reichstag.

Im Mai 1933 wurde Weber in Schutzhaft genommen und ins KZ Osthofen gebracht. Nach der Entlassung war er für sieben Jahre arbeitslos. Erst 1941 fand er wieder Arbeit als Registrator im Bankhaus Friedrich Hengst & Co. Im zivilen Widerstandsnetz, das sein Freund Wilhelm Leuschner insgeheim knüpfte, gehörte Weber zu dem Personenkreis, der nach einem Erfolg des militärischen Widerstandes für den Aufbau demokratischer Strukturen Offenbach und Hessen vorgesehen war. Im Rahmen der Aktion Gitter wurde er erneut verhaftet und von September bis Oktober 1944 im KZ Dachau gefangen gehalten.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus war er am Wiederaufbau der Gewerkschaften in Offenbach und in Hessen beteiligt. Von 1945 bis 1949 war er Vorsitzender der Gewerkschaft des Metallgewerbes in Offenbach sowie des Gewerkschaftsbundes im Landkreis Offenbach. Mit der Gründung des DGB auf Bundesebene wurde er 1949 Vorsitzender im DGB-Kreisausschuss in Offenbach und hatte diese Funktion bis 1952 inne.

Wilhelm Weber verstarb am 5. Oktober 1959 nach einem Schlaganfall. An seinem Grab würdigte der damalige Oberbürgermeister Georg Dietrich sein Leben. Er sei ganz in Arbeit erfüllt gewesen. Nimmermüde habe Weber den Kampf für alle geführt, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. In Offenbach wurde ein Platz nach ihm benannt.

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