Nur zwei echte Neubürger, aber zufriedene „Mitläufer“

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Neubürger-Rundgang ist auch für Alteigesessene eine willkommene Informationsquelle

Ankommen und sich wohl fühlen – so wünscht sich wohl jeder Bürger die Zeit nach einem gewollten oder erzwungenen Umzug in eine andere Stadt, einen anderen Ort. Wer sich in seinem neuen Wohnraum bald schon zuhause fühlen möchte, sollte sich informieren, wo er jetzt lebt, und sollte Kontakte knüpfen – dazu ist der von der Stadt angebotene Neubürger-Rundgang sicher eine gute Möglichkeit. Die veranschlagten anderthalb Stunden durch Orwischs Herzstück waren sehr knapp gerechnet; nach gut zwei Stunden kürzte Bürgermeister Roland Kern als Stadtführer die geplante Runde schließlich ab – da er ja nun bald Zeit hat, kann man vielleicht auf eine Fortsetzung hoffen.

Der Vorteil seiner Stadtführerrolle ist seine starke persönliche Verbindung zu diesem Stadtteil: das Viertel zwischen Bahnhof, Bachgasse, Töpfermuseum, Rathaus, Kelterscheune, Gallusplatz, Halle Urberach, Petruskirche und dem Nedelmannschen Theater mit dem Dokuzentrum „Industriekultur“ der T&N ist schließlich sein eigenes erweitertes Wohnzimmer, und das seit seiner Geburt. Kein Wunder also, dass er zu jeder Gasse – beispielhaft seien die Viehweidstraße oder die Bleiche genannt –, jedem Gebäude wie etwa dem einstigen Faselstall sowie jeder Gedenktafel oder jedem Stolperstein etwas zu sagen. Dabei sprüht der Bürgermeister an diesem Vormittag vor Wissen und hat den Rest in seinen Wundertaschen dabei – den „Feldhäfner“ des Heimatdichters Nikolaus Schwarzkopf etwa, aus dem er in der Nähe von dessen Geburtshaus in der Erbsengasse einen passenden Abschnitt vorträgt, oder die ehemaligen An- und Aussichten vom Dalles in alle Richtungen, die er aus alten Fotobänden und Postkarten hervorzaubert.

Darüber gefreut haben sich die einzigen beiden echten Neubürger bei diesem leicht nieseligen Rundgang – ein junges Paar, das vor einem Jahr aus Thüringen ins Rhein-Main-Gebiet und vor einem Monat aus Frankfurt hierher gezogen ist und nun seine neue Heimat erkunden wollte. Eine Fast-Neubürgerin in Urberach ist auch die Ober-Röderin Andrea Schülner – seit gut einem Jahr umgesiedelt und noch ganz wissbegierig. Interessiert begleitete aber auch ein früherer Ober-Röder, der mittlerweile in Frankfurt lebt, die Ausführungen: „In Ober-Roden war ich schon dabei. Urberach hat mir noch gefehlt.“ Ähnlich begründete der 28-jährige gebürtige Ober-Röder Florian Büttner seine Teilnahme. Zwischenzeitlich mal nach Rollwald ausgewandert und nun wieder in Ober-Roden heimisch, hatte er dort auch vor einiger Zeit schon einen Rundgang mit Reinhard Berker mitgemacht – Urberach hatte er aber „noch nicht so auf dem Schirm, aber so eine Führung ist doch sehr interessant“. „Mit 15 Jahren in Urberach bin ich hier wohl noch eine der Neueren“, lachte die heutige Urberacherin Manuela Murmann, die es noch nie geschafft hatte, an einem der Rundgänge teilzunehmen. Dies war zeitlich durchaus korrekt, vergleicht man es mit der Urberacherin Inge-Eva Nostadt, die selbst so einiges beizusteuern wusste an Informationen und ihr Interesse für ihren Heimatort nach vielen Reisen in andere Erdteile klug begründete: „Im Alter wird die eigene Heimat wieder wichtiger!“

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